Die Dimensionen der Freiheit im Islam: Die Grenzen & den Geltungsbereich der Freiheit ermitteln (Teil II)

Anmerkung zur Kategorie

Dieser Beitrag ist Teil der Academia-Seite „Islamic Modernist Discourse“, die von Bassam Zawadi geführt wird. Er ist nicht Autor dieses Beitrags. Der Autor des Beitrags ist Dr. Ṣulṭān al-‘Umayrī, und er ist ein Auszug aus dessen Buch „Faḍā’āt al-Ḥurrīyyah“ (S. 29-57) und ist in drei Teile unterteilt. Hier geht es zu Teil I und zu Teil III. Offensichtlich handelt es sich um ein arabischsprachiges Buch, doch auf Bruder Bassams Seite liegen englische Übersetzungen der Buchauszüge vor. Diese haben wir genommen und übersetzt, d. h. es handelt sich nicht um eine direkte Übersetzung vom Arabischen ins Deutsche. Das ist deshalb wichtig zu erwähnen, da insbesondere eine nicht direkte Übersetzung von einer Sprache in eine andere oft einen großen Unterschied machen und zu schwierigen Missverständnissen führen kann (als wäre das im Übersetzungshandwerk per se nicht ohnehin schon gegeben, siehe „Babel“ von R. F. Kuang). Doch bis auf ein einziges Wort, das uns mehrmals in der englischen Übersetzung aufgestoßen ist (wozu wir in den Fußnoten Stellung nehmen), empfinden wir die Übersetzung als äußerst transparent und, was noch wichtiger ist, zielgenau, inshaAllah. Nichtsdestotrotz: Möge Allah jede Unzulänglichkeit und jeden Fehler vergeben.

Zweideutigkeit und Verwirrung im Konzept der Freiheit

Die Bedeutung von Freiheit ergibt sich daraus, dass sie eines der hervorstechenden Konzepte ist, das das Bewusstsein der Menschen beeinflusst und bestimmt. Es ist einer der umfassendsten und gängigsten Begriffe, auf den Forscher aus verschiedenen Bereichen oft stoßen. Um die Grenzen und den Umfang der Freiheit zu bestimmen, ist es entscheidend, eine klare Definition vorzulegen und ein solides Verständnis von Freiheit zu entwickeln. Es scheint jedoch keine Definition zu geben, die frei von Kritik ist. Diese Bedenken lassen sich gut an der Arbeit von Forschern und Befürwortern der Freiheit ablesen, die die Definition von Freiheit für vage halten.

Einige Forscher halten das Konzept der Freiheit für ein böses Problem, während andere es für ein bedeutendes kognitives Problem halten. Schlimmer noch: Einige Forscher bezeichnen es als intellektuelle Misere, während andere es als das vagste Konzept überhaupt betrachten. Wieder andere Forscher erklärten, dass es eines der Konzepte ist, mit dem sich alle Philosophen und Ethikwissenschaftler nicht auseinandergesetzt haben, während andere Forscher es mit einem Menschen verglichen, der in Treibsand gefangen ist und je mehr er sich anstrengt, herauszukommen, desto tiefer sinkt er in die Grube.1

Der deutsche Orientalist Franz Rosenthal beschreibt das Dilemma des Freiheitsbegriffs und seine Zweideutigkeit mit den Worten:

Im Laufe der Geschichte hat es die Freiheit geschafft, sich von den Zwängen der Definitionen zu befreien und sich zu einem der stärksten abstrakten Begriffe zu entwickeln, die keine äußere Existenz haben, die definiert werden könnte, außer durch das, was der menschliche Intellekt versuchen kann, anzubieten. Obwohl Freiheit keiner subjektiven Definition unterworfen werden kann, ist sie zum Gegenstand vieler Interpretationen geworden.

Mafhūm al-Ḥurīyyah fī al-Islām (The Muslim Concept of Freedom Prior to the Nineteenth Century), S. 18.

Dann betrachtete er alle Bemühungen, die Freiheit zu definieren, als erfolglos und betonte, dass alle Bemühungen immer scheitern werden. Anschließend bekräftigt er seine Erkenntnisse, indem er feststellt, dass die Versuche, umfassende Definitionen für Freiheit anzubieten, erwartungsgemäß drastisch gescheitert sind.2

Der zeitgenössische französische Philosoph Gustave Le Bon hat den Begriff der Freiheit in seine Liste der vagen Begriffe und Konzepte aufgenommen, die Politiker und diejenigen, die versuchen, die Öffentlichkeit zu beeinflussen, gerne verwenden. Er betonte, dass die Worte und Begriffe, die von Politikern verwendet werden, die wichtigsten Faktoren für die Meinungsbildung der Öffentlichkeit sind, und fügte hinzu, dass die Macht der Worte von den Bildern abhängt, die bei der Erwähnung dieser Worte entstehen und die völlig unabhängig von ihrer Bedeutung sind. Die Wörter, die schwer genau zu definieren sind, sind manchmal die einflussreichsten und mächtigsten Wörter, wie Demokratie, Kommunismus, Gleichheit und Freiheit usw.3

Die Encyclopædia Britannica schlägt vor, dass „Freiheit“ ein mehrdeutiges Wort ist, genau wie das Wort „Liberalismus“ – es gibt keinen Unterschied im Grad der Mehrdeutigkeit der beiden Wörter.4 Montesquieu spricht in seinem Buch „Vom Geist der Gesetze“ über Freiheit, indem er sagt, dass es keinen Begriff gibt, der mehr Konnotationen hat als der Begriff Freiheit.5

In seiner Rede über Freiheit behauptet Dr. Zakarīyyah Ibrāhīm, dass Forscher, wenn sie in philosophischen Wörterbüchern nach der Definition von Freiheit suchen würden, „unzählige Bedeutungen finden würden, so dass es unmöglich sein dürfte, eine Definition als ganzheitliche Definition zu akzeptieren, die auf alle anderen Formen von Freiheit anwendbar ist.“6

Vielleicht gilt Präsident Abraham Lincolns Aussage über die Freiheit in seiner Rede von 1864 als eine der offiziellsten Aussagen, die die Unsicherheit und Verwirrung rund um den Begriff der Freiheit verdeutlicht, denn er sagte: „Die Welt hat nie eine gute Definition für das Wort Freiheit gehabt. Wir alle bekennen uns zur Freiheit, aber wenn wir das gleiche Wort benutzen, meinen wir nicht alle das Gleiche.“7

Es gibt eine Fülle von Reden, die das Gleiche behaupten (d. h. sie betonen, dass es keine einheitliche Definition von Freiheit gibt). Auch wenn einige Definitionen als übertrieben gelten, zeigen sie alles in allem, dass das Konzept der Freiheit komplex und es schwierig ist, es vorschnell oder ohne sorgfältige Untersuchung zu akzeptieren oder abzulehnen. Um eine klare Sicht auf die Freiheit zu entwickeln und ihre Komplexität zu entschlüsseln, bedarf es der gebührenden Sorgfalt, was ich mit dieser Studie zu erreichen hoffe.

Bevor wir weitermachen, muss hervorgehoben werden, dass sich viele Aussagen, die in diesem Buch nicht enthalten sind – die die Mehrdeutigkeit des Begriffs Freiheit unterstreichen und darauf hinweisen, dass es sich um ein Konzept handelt, das leicht missverstanden werden kann – nicht auf die ganzheitliche Definition von Freiheit beziehen. Sie beziehen sich vielmehr auf den Begriff des freien Willens, der dem Konzept des Determinismus widerspricht, weshalb ich sie in diesem Zusammenhang nicht zitiert habe. Einige Forscher haben diesen technischen Unterschied nicht bemerkt und deshalb diese Zitate bei der Diskussion über das ganzheitliche Konzept der Freiheit verwendet, was nicht korrekt ist.

Gründe für die Mehrdeutigkeit und Verwirrung im Konzept der Freiheit

Um sich eingehend mit dem Begriff der Freiheit zu befassen, ist es notwendig, die Ursachen auf der Basis-Ebene zu ermitteln, die zu dieser problematischen Verwirrung beigetragen haben. Durch Nachforschungen und Analysen können mehrere Gründe festgestellt werden, von denen die wichtigsten sind:

  1. Menschen in verschiedenen Bereichen (d. h. Philosophen, Theologen, Politiker und Soziologen) verwenden häufig den Begriff Freiheit und der Begriff ist in den Studien der Psychologie und Ethik sowie des Sufismus präsent. In jedem dieser Bereiche gibt es unterschiedliche Ansätze zur Freiheit, was die Vielfalt des Verständnisses und der Perspektiven auf die Freiheit in den einzelnen Bereichen widerspiegelt.8 Ibn Taymiyya wies darauf hin, dass die gemeinsame Verwendung von Begriffen und ihre unterschiedlichen Quellen sehr oft zur Entstehung von Mehrdeutigkeit und Unbeständigkeit führen. Er wandte diese Regel auf einige religiöse Begriffe an, wie z. B. „Islam und Iman“. In diesem Sinne sagt er:

فإن الناس كثر نزاعهم في مواضع في مسمى الإيمان والإسلام ؛ لكثرة ذكرهما وكثرة كلام الناس فيهما, والاسم كلما كثر التكلم فيه فتُ ُك ِلم به مطلقا ومقيدا بقيد ومقيد بقيد آخر في موضع آخر . كان هذا سببا لاشتباه بعض معناه ثم كلما كثر سماعه كثر من يشتبه عليه ذلك, ومن أسباب ذلك أن يسمع بعض الناس بعض موارده ولا يسمع بعضه ويكون ما سمعه مقيدا بقيد أوجبه اختصاصه بمعنى فيظن معناه في سائر موارده كذلك Die Menschen haben sich über die Bedeutung von Iman und Islam gestritten, weil diese Begriffe [in der Religion] viel verwendet und [oft] von den Menschen diskutiert werden. Die Bedeutung eines bestimmten Wortes wird für manche Menschen undurchsichtig, weil das Wort in verschiedenen Kontexten verwendet wird, darunter auch solche, die das Wort an einer Stelle auf eine bestimmte Bedeutung festlegen und an einer anderen auf eine andere. Ein weiterer Grund, der zu dieser Verwirrung führt, ist, dass manche Menschen das Wort in einem bestimmten Kontext verwenden, der seine Bedeutung einschränkt, ohne zu wissen, wie das Wort in anderen Kontexten verwendet wird. Daher wenden sie die spezifische Bedeutung auf alle anderen Kontexte an.

Ibn Taymiyya, Majmū’ al-Fatāwá, Bd. 7, S. 356.
  1. Die unterschiedlichen Prinzipien und Werte beeinflussen die Sichtweisen Einzelner und dementsprechend auch die Ergebnisse und Schlussfolgerungen. Das wird immer der Fall sein, wenn man sich mit einem Thema auseinandersetzt, auch mit dem Thema Freiheit. Damit wird die kulturelle Exklusivität von Begriffen erfasst, die die sozialen und politischen Faktoren aufzeigen, die mit den jeweiligen Grundsätzen und Werten verbunden sind.9

Freiheitsbegriffe

Eine der auffälligsten Folgen dieses Zustands der Mehrdeutigkeit und Verwirrung bei der Diskussion des Freiheitsbegriffs ist das Zögern vieler Forscher, eine ganzheitliche Definition vorzulegen, und die Theoretiker gaben zu, dass sie nicht in der Lage sind, eine existenzielle Definition von Freiheit vorzulegen:

Das Paradoxe, das wir beobachten, ist, dass die zeitgenössischen Philosophen des Liberalismus sowie die Illuminaten, die versuchen, Freiheit durch Gesetzgebung zu demonstrieren, keinen anderen Weg finden konnten, sie zu definieren, als einen psychologischen Ansatz zu wählen. Maurice Flamant zum Beispiel stellte nach seinen Schlussfolgerungen zu den Natur- und Bürgerrechten fest, dass sie trotz der Vielschichtigkeit der Freiheit keine allumfassende Bedeutung vermitteln bzw. nicht alle Aspekte der Freiheit abdecken können. Was Flamant damit sagen wollte, lässt sich an seinen Worten ablesen, als er sagte: ‚Wir fühlen uns frei oder wir sind nicht frei.‘ Er fügt außerdem hinzu: ‚Freiheit ist ein Duft, den wir riechen.‘ Es ist das Festhalten an den persönlichen psychometrischen Maßstäben der Freiheit.

al-Ṭayyeb Bou’ezza, Naqd al-Librālīyyah, S. 140.

Das zeigt sich in philosophischen Lexika und anderswo, wo statt einer ganzheitlichen Definition von Freiheit versucht wird, Freiheit durch die Definition von Freiheitsarten zu erklären. Genau das tat der zeitgenössische französische Philosoph Leland in seinem philosophischen Wörterbuch, in dem er versuchte, jede Art von Freiheit separat zu definieren.10

Der Versuch von Abdul-Raḥmān Badawī, Freiheit zu definieren, war nicht anders, als er erklärte:

Das Wort Freiheit wurde im Laufe der menschlichen Geschichte unterschiedlich definiert. Aus diesem Grund ist es unmöglich, es zu ermitteln, außer anhand seiner Entstehung im Laufe der Geschichte.

Encyclopedia of Philosophy, Bd. 1, S. 458

Dann untersuchte er die geschichtlichen Etappen, ohne eine ganzheitliche Definition anzubieten, wie es auch viele andere Autoren von Philosophie-Lexika getan haben.11

Dennoch haben mehrere Denker versucht, eine umfassende Definition von Freiheit in kurzen Worten zu formulieren, aber sie konnten sich nicht auf eine einzige Definition einigen. Ihre Versuche, sich auf eine Definition zu einigen, variierten drastisch und unterschieden sich so sehr in der Definition der Grenzen der Freiheit, dass es unmöglich wurde, sie zu zählen. Dies führte zur Entstehung verschiedener [Denk]Schulen, von denen jede ihre eigene Methode und ihren eigenen Ansatz zur Definition der Freiheit und ihres Wesens hat, und jede Schule hat verschiedene Ansätze, wie sie ihre Definition und Klassifizierung abgrenzt. Einige derjenigen, die sich für das Thema Freiheit interessieren, behaupten, dass die Zahl der von den westlichen Denkern vorgeschlagenen Definitionen von Freiheit über zweihundert liegt.12

Eine der gängigsten ganzheitlichen Grenzen des Freiheitsbegriffs ist die Auffassung, dass Freiheit die Abwesenheit von Zwang und Nötigung bedeutet. Diese Eingrenzung [Abgrenzung] stößt jedoch auf dieselbe Herausforderung, weil der Begriff des Zwangs und der Nötigung mehrere Bedeutungen hat und viele Einwände und Kritik hervorruft.13

Wenn man den Kontext des arabischen Denkens betrachtet, zeigt sich, dass sich die Situation nicht allzu sehr von der des westlichen Denkens unterscheidet (d. h. arabische Denker konnten sich kaum auf eine klare und eindeutige Definition von Freiheit einigen), und ihre Streitigkeiten machen Beobachter verunsichert und verwirrt.14

Es ist weder Zweck dieser Forschungsarbeit noch eines ihrer Ziele, alle Grenzen und Formulierungen zu untersuchen, die zur Definition des Begriffs Freiheit angeboten werden. Denn eine solche Aufgabe ist sehr mühsam und zeitaufwändig. Außerdem sind die meisten Details nicht von großem Nutzen.

Mehrere Ansätze zur Freiheit

Bei der Untersuchung des Freiheitsbegriffs und der Analyse seines Wesens und seiner Essenz kann man einen anderen Ansatz wählen. Nämlich die Erforschung des ideologischen Pfades, den die Freiheit eingeschlagen hat. Dieser neue Ansatz soll eine bessere Alternative zur Lösung des Dilemmas der Mehrdeutigkeit bieten und dabei helfen, das Wesen der Freiheit und ihre kognitiven und verhaltensbezogenen Ziele zu begreifen. Die verschiedenen Ansätze zum Verständnis des Freiheitsbegriffs lassen sich in zwei Kategorien einteilen: 1) der westliche Ansatz und 2) der islamische Ansatz.

Der westliche Ansatz zum Verständnis von Freiheit

Einer der effektivsten Wege, den Humanismus und intellektuelle Begriffe und Konzepte zu verstehen, ist das Verständnis des historischen Hintergrunds, vor dem sie geprägt und verwendet wurden. Dazu ist es notwendig, mehr über das intellektuelle und gesellschaftliche Umfeld des Westens zu erfahren, in dem der erste Ruf nach Freiheit ertönte, sowie über damit verbundene Forschungen und Studien.

Viele Forscher sind der Meinung, dass sich [der Ruf nach] Freiheit im westlichen Denken zum ersten Mal zu Beginn des 17. Jahrhunderts oder kurz davor markant [d. h. auf bedeutende/auffällige Art und Weise] manifestierte. In dieser Phase kam es zu dramatischen Veränderungen in der westlichen Kultur auf sozialer, politischer, wirtschaftlicher, intellektueller, philosophischer und religiöser Ebene. In dieser Phase trat ein seltsames Phänomen auf: Die Religion wurde kritisiert und die Menschen lehnten sich gegen ihre Lehren und Prinzipien auf. Es gibt viele Gründe, die dieses Phänomen erklären, aber es ist nicht Ziel dieses Buches, sie alle aufzuzählen.

Es gibt zwei Hauptströmungen, die dieses Phänomen repräsentieren, nämlich (1) die Naturreligionsphilosophie, die davon ausgeht, dass der Mensch mit seinem Verstand in seiner Beziehung zu Gott unabhängig ist und dass er nicht an Offenbarung, Prophezeiung und heilige Bücher glauben muss,15 und (2) die atheistische Philosophie, die sich um den Unglauben an die Existenz Allahs dreht, indem sie entweder behauptet, dass Er nicht existiert, oder indem sie Seine Existenz lediglich anzweifelt.16

Beide Strömungen üben gerne scharfe Kritik an den Religionen und erheben schwere Vorwürfe gegen sie, um die Gesellschaft von der Religion zu entfremden, indem sie sie mit schweren Anschuldigungen überziehen. Als Ergebnis ihrer aufeinanderfolgenden und aggressiven Kampagnen sind Religionen Gegenstand einer langen Liste von abstoßenden Anschuldigungen geworden. Diese Entwicklung hat sich in den westlichen Gesellschaften immer weiter ausgebreitet und erreichte ihren Höhepunkt mit dem Ausbruch der Französischen Revolution im Jahr 1798. Damals war die Gesellschaft sehr wütend auf die Religion, ihre Kleriker und alles, was mit ihr zu tun hatte. Die Spannung lässt sich an Thomas Jeffersons Aussage ablesen, in der er sagte: „In jedem Land und in jedem Zeitalter war der Priester der Freiheit feindlich gesonnen. Er ist immer im Bunde mit dem Despoten, unterstützt seine Verfehlungen im Gegenzug für seinen eigenen Schutz.“17 Die Wut des Volkes hat ihren Höhepunkt erreicht, was in den Parolen deutlich wird, die von den rebellischen Massen gegen ihre entsetzliche Realität skandiert wurden, wie zum Beispiel: „Erdrosselt den letzten König mit den Eingeweiden des letzten Priesters“18, und ihre Forderungen waren nur drei: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.

Die große Entwicklung in den experimentellen Wissenschaften hat die Kluft zwischen den Menschen und der Religion noch vergrößert. Sie brachte neue Innovationen und Entdeckungen hervor, die das Leben der Menschen verbesserten. Die Faszination der Menschen für experimentelle Wissenschaften wurde von dem zeitgenössischen französischen Philosophen Hans Rischenbach beschrieben, der sagte, dass das übermäßige Vertrauen in die Ergebnisse der Wissenschaft nicht auf Philosophen beschränkt ist; vielmehr ist es in der Moderne (d. h. von der Ära Galileos bis zur heutigen Zeit) – also in der Zeit, in der die moderne Wissenschaft entstanden ist – weit verbreitet. Der Glaube, dass Wissenschaftler auf jede Frage eine Antwort haben, egal ob es sich um gesundheitliche oder technische Fragen handelt, hat sich so weit verbreitet, dass die Wissenschaft eine gesellschaftliche Funktion übernommen hat, die ursprünglich der Religion zugewiesen war.19 Diese Faszination für Wissenschaft haben einige Historiker sogar als „Anbetung der Wissenschaft“ bezeichnet.20

Infolgedessen gab es viele Rufe nach der Notwendigkeit, alles zu verändern, was die Menschen bisher kannten, ob es nun mit Religion oder etwas anderem zu tun hatte. Dies eröffnete die Möglichkeit, die Religion zu kritisieren und sie gemäß den neuen modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu rekonstruieren. Das galt für alles, egal ob es sich um Wissen oder Verhalten handelt, ob es aus den Instinkten der Menschen und ihrem Gewissen stammt oder sich als Ergebnis ihrer Lebenserfahrungen entwickelte. All diese Dinge müssen im Einklang mit der modernen Wissenschaft formuliert werden. Andernfalls werden sie als rückständige und unausgereifte Beweise abgestempelt.

Infolgedessen hat sich die Beziehung des Menschen zu seiner Umgebung, einschließlich der Gesellschaft, dem Universum und Gott, verändert, und Selbstüberschätzung und der [Fokus auf] Intellekt sind in den westlichen Gesellschaften weit verbreitet.

Schließlich hielten die westlichen Gesellschaften einen beträchtlichen Abstand zwischen der Religion und ihren Gesetzen. Der Philosoph George Santayana beschreibt diesen Wandel mit den Worten: „Unser Leben und unser Verstand haben allmählich und langsam den neuen Geist aufgenommen – den Geist der internationalen liberalen Demokratie, die nicht [an Gott] glaubt.“21 Diese neue Geisteshaltung trennte die Religion von der Gesellschaft und die westlichen Gesellschaften neutralisierten die Religion und beseitigten ihren Einfluss auf die Gesellschaft. Muḥammad As’ad beschreibt den Status, den die Religion im westlichen Denken hat, mit den Worten:

Die westliche Zivilisation leugnet Gott nicht grundsätzlich, aber sie hat einfach keinen Platz und keine Verwendung für Ihn in ihrem gegenwärtigen intellektuellen System.

Islam at the Crossroads, S. 36/41

Paul Hazard erklärt die Feindseligkeit des westlichen Denkens gegen die Religion damit, dass die vererbten Konzepte weiter gefasst waren, wie z. B. das Konzept der absoluten Akzeptanz, das die Existenz Gottes beweist, und das Konzept der Wunder, die angezweifelt wurden. Sie würden das Göttliche in den unbekannten Himmel verweisen, den man nicht begreifen könne, denn der Mensch an sich sei zum einzigen Maßstab für alles geworden – sein Dasein rechtfertige seine Existenz und seinen Lebenszweck.22 Und dann fährt er fort, den Zustand derer zu beschreiben, die sich gegen die Religion auflehnten, was folglich zur Vergöttlichung des Menschen führte, indem er sagt: „Wenn wir unserem Verstand folgen, werden wir nichts als uns selbst unterworfen, und dadurch werden wir auf eine Weise zu Göttern.“23

Westliche Theoretiker, von denen die meisten Anti-Religionsanhänger sind, begannen, ihre unterschiedlichen Wahrnehmungen und Systeme in Abgrenzung zu Religion und göttlicher Offenbarung zu konstruieren. Außerdem glaubten die westlichen Gesellschaften an ihren Intellekt und taten so, als wären sie Götter, die nicht in Frage gestellt werden. Julian Huxley beschreibt diese Entwicklung, indem er sagt: „Die Menschen in der modernen Welt sind zu Göttern geworden, die die Macht haben, zu erschaffen und zu entscheiden.“24

Das westliche Denken hat:

إلى ابتداع مناهج ومذاهب للتفكير، الغرض الأساسي منها هو معارضة منهج الفكر الديني، والتخلص من سلطان الكنيسة، بالتخلص من إله الكنيسة! ومن كل ما يتعلق به من أفكار ومناهج للتفكير أيضا! وكمن العداء للدين وللمنهج الديني, لا في الموضوعات والفلسفات والمذاهب التي أنشأها الفكر الأوربي, بل في صميم هذا الفكر, وفي صميم المناهج التي يتخذها للمعرفة neue ideologische Ansätze und Doktrinen entwickelt, deren Hauptziele darin bestehen, sich dem religiösen Denken zu widersetzen, die Autorität der Kirche auszuschalten, indem sie dem Gott der Kirche trotzen und ihre [der Kirche] Denkschulen und Denkmethoden beseitigen. Es [das westliche Denken] tritt für eine Feindschaft gegen Religion und religiöse Lehren ein und zielt auf den Kern der Religion und ihre Methoden ab, nicht auf die neuen Philosophien und Denkschulen, die die europäische Denkschule eingeführt hat.

Sayyid Quṭb, Khaṣāiṣ al-Taṣawur al-Islamī, S. 14

Die Neophilosophen versuchten, eine Zivilisation, die auf der Erfüllung unserer Pflichten gegenüber Gott und dem König basierte, durch eine Zivilisation zu ersetzen, die auf dem Konzept der Rechte beruhte – dem Recht auf Individualismus, dem Recht auf Kritik, dem Recht des Verstandes, dem Recht der Bürger und den Menschenrechten.25

Einige westliche Gelehrte beschrieben das neue westliche Bewusstsein mit den Worten:

لم يعد الإنسان يخضع إلا لعقله… فأيديولوجيا التنوير التي أقامت القطيعة الابستمولوجية (المعرفية) الكبرى، قد فصلت بين عصرين من الروح البشرية: عصر الخلاصة اللاهوتية للقديس توما الأكويني (1234-1225م) وعصر الموسوعة لفلاسفة التنوير.. فراح الأمل بمملكة الله ينزاح لكي يخلي المكان لتقدم عصر العقل وهيمنته.. وراح نظام النعمة الإلهية ينمحي ويتلاشى أمام نظام الطبيعة، وأصبح حكم الله خاضعا لحكم الوعي البشري، الذي يطلق الحكم الأخير باسم الحرية Der Mensch unterwirft sich nichts mehr außer seinem Verstand (…) Die Ideologie der Aufklärung, die den großen erkenntnistheoretischen Bruch herbeiführte, hat zwei Epochen voneinander getrennt: die theologische Epoche des heiligen Thomas von Aquin (1225 – 1234 n. Chr.) und die Epoche der Aufklärung (…) Die Hoffnung auf das Reich Gottes begann zusammenzubrechen und überließ den Platz dem Vormarsch des Zeitalters der Vernunft und ihrer Herrschaft (…) Das System der göttlichen Gnade begann in der Gegenwart des Systems der Natur zu verschwinden. Die Herrschaft Gottes ist der Herrschaft des menschlichen Bewusstseins unterworfen worden, das im Namen der Freiheit das endgültige Urteil verkündet.

Zitiert nach: al-‘Amāl al-Kāmila li-Jamāl ad-Dīn al-Afghānī, Bd. 1, S. 40

Inmitten dieser Spannungen und Lobbyarbeit gegen die Religion wurde dem Thema Freiheit, Prinzipien und Richtlinien große Aufmerksamkeit geschenkt. Die Religion hatte jedoch keinen Platz in ihrer Diskussion über die Freiheit und wurde für all das Unheil und die Not in der Gesellschaft verantwortlich gemacht. Das liegt daran, dass die meisten, wenn nicht sogar alle, hoch angesehenen westlichen Theoretiker gegen die Kirche und Religion waren, was erklärt, warum sie die Religion aus ihrer Diskussion über Freiheit ausschlossen.

Die westliche Denkschule verstand Freiheit nach materialistischen und von Menschen gemachten Regeln und Grenzen und konzentrierte sich darauf, den menschlichen Willen von den Einschränkungen der Kirche und der Geistlichen zu befreien, die als einzige Vertreter der Religion angesehen wurden. Die Grundlage dieser Freiheit akzeptiert keine äußeren Befehle, auch nicht solche, die durch eine göttliche Offenbarung verordnet werden. Sie berücksichtigt nicht nur nicht das Wohlgefallen Gottes in ihrer Auffassung von Freiheit, sondern unterwirft sie auch von Menschen gemachten Einschränkungen. Es wird deutlich, dass der auf den Menschenrechten basierende Ansatz zur Grundlage des Freiheitsbegriffs im westlichen Kontext geworden ist, was bedeutet, dass jeder Mensch aufgrund seiner Zugehörigkeit zur menschlichen Rasse Anspruch auf Rechte hat (d. h. jeder Mensch hat nur aufgrund seiner menschlichen Natur Anspruch auf diese Rechte).26 Eine andere Perspektive schlug vor, dass die Theorie des Gesellschaftsvertrags die Grundlage der Freiheit bildet (d. h. der Einzelne kann einen Teil seiner Naturrechte aufgeben, um eine zivile Autorität zu etablieren, die sein Leben regeln kann).27 Diese Theorie basiert scheinbar ursprünglich auf der Theorie der Naturrechte.28

Die Freiheit wurde auch an den Nutzen gekoppelt, den sie hervorbringt. Das bedeutet, dass menschliche Handlungen nur dann gültig sind, wenn sie dem Menschen einen materiellen Nutzen bringen. Das Konzept der Freiheit entwickelte sich im westlichen Kontext weiter, bis es schließlich alle metaphysischen, religiösen und göttlichen Elemente ausschloss und sich auf den weltlichen Materialismus beschränkte.

Die westliche Denkschule umfasste eine weitere Dimension, die den Wegweiser zu ihrer Version von Freiheit beeinflusste. Sie gab dem Individualismus den Vorrang, der sich in einer hierarchischen und rückständigen Gesellschaft ausbreitete, in der Korruption herrschte und die Elite die Schwachen in einem klassenbasierten System unterdrückte. Die Bemühungen, das Konzept der Freiheit zu konstruieren, konzentrieren sich oft darauf, dem Einzelnen die Rechte zu geben, die ihm in einer rückständigen Gesellschaft, die unter der Herrschaft einer religiösen Autorität lebte, vorenthalten wurden. Auf dieser Welle wurden Stimmen laut, die forderten, dem Einzelnen die absolute Freiheit zu geben, zu tun und zu lassen, was er will. Diese Forderungen verlangten, dass Regierungen und gesellschaftliche Institutionen, einschließlich der Kirche, den Einzelnen dabei unterstützen müssen, seine Freiheit in vollem Umfang zu verwirklichen. Infolgedessen ist in der westlichen Denkschule die „individuelle Lehre“ der Freiheit entstanden.29

Bis jetzt ist es offensichtlich, dass der westliche Ansatz der Freiheit Religion neutralisiert und ihre [von der Religion] Auswirkungen auf die Freiheit verhindert und individueller Freiheit den Vorrang gibt, den Individualismus in der Natur und den Grenzen der Freiheit zu manifestieren.

Diese Schlussfolgerung lässt sich überprüfen, wenn man das westliche Freiheitsverständnis ungeachtet seiner verschiedenen Schulen analysiert und die Grundlagen untersucht, auf denen es seine Theorien aufbaut. Dabei wird man feststellen, dass der Einfluss der Religion völlig fehlt, dass man sich voll und ganz auf den menschlichen Verstand verlässt und dass man offensichtlich dazu neigt, individuelle Freiheit zu verwirklichen. Eines der besten Beispiele dafür ist das Werk von John Stuart Mill über die Freiheit und ihre Grenzen. Sein Buch gilt als eines der einflussreichsten Werke sowohl im europäischen als auch im arabischen Denken zum Thema Freiheit.30 Über das Wesen der Freiheit sagte er: „Die einzige Freiheit, die diesen Namen verdient, besteht darin, unser eigenes Wohl auf unsere eigene Art zu suchen, solange wir dabei nicht die Absicht hegen, andere ihrer Freiheit zu berauben oder ihre dahin zielenden Anstrengungen zu durchkreuzen.“31 Und als er sich mit den Handlungen befasste, die verboten werden sollen, beschränkte er sie auf das, was anderen schadet. Dann fügte er hinzu: „Nur insoweit sein Verhalten andere in Mitleidenschaft zieht, ist jemand der Gesellschaft verantwortlich. Soweit er dagegen selbst betroffen ist, bleibt seine Unabhängigkeit von Rechts wegen unbeschränkt. Über sich selbst, über seinen eigenen Körper und Geist ist der einzelne souveräner Herrscher.“32

Als Jean-Jacques Rousseau über Freiheit sprach, zitierte er Jensons Aussage über Freiheit: dass jeder Mensch in der Republik völlig frei ist, solange er anderen nicht schadet. Und dann drückte er seine Bewunderung für das aus, was Jenson sagte.33 Er fügte auch hinzu: „Da kein Mensch eine natürliche Gewalt über Seinesgleichen hat und da die Stärke kein Recht begründet, so bleibt nur noch die Übereinkunft als Grundlage jeder rechtmäßigen Gewalt unter den Menschen übrig.“34 Er glaubte, dass weder die Religion noch das Gesetz Gottes irgendeine Wirkung haben.

Feuerbach erklärt Freiheit mit den Worten: „Es ist die Fähigkeit, alles für das persönliche Glück zu tun, ohne das Glück anderer zu beeinträchtigen.“35 Während Hobbes die Freiheit mit anderen Worten definiert: „Unter Freiheit ist nach der eigentlichen Bedeutung des Wortes die Abwesenheit äußerer Hindernisse zu verstehen, die dem Menschen zwar oft einen Teil seiner Macht nehmen, das zu tun, was er will, ihn aber nicht daran hindern können, die ihm verbliebene Macht so zu gebrauchen, wie es ihm sein Urteil und seine Vernunft gebieten.“ Tocqueville, einer der Pfeiler des Liberalismus im 19. Jahrhundert, sagt: „Die richtige Bedeutung von Freiheit ist, dass jeder Mensch, von dem wir annehmen, dass er vernünftig ist und sich anständig benehmen kann, ein Recht hat, das nicht angetastet werden darf, um in allem, was sein Leben betrifft, unabhängig von anderen zu leben und sein persönliches Leben so zu gestalten, wie er es möchte.“36

Die zuvor zitierten Aussagen sind genug Beweise, um die westliche Vorstellung von Freiheit und ihrer Richtung darzustellen. Die Grundlage, auf der ihre Theorien aufgebaut sind, ist rein menschengemacht. Die Grenzen der Freiheit beruhen auf der Ablehnung der religiösen Beschränkungen, die die Kirche und ihre Geistlichen ausübten. Dadurch konzentrierte sich das Konzept der Freiheit in der westlichen Denkschule auf die Beziehung der Menschen zu ihren Mitmenschen, basierend auf den Rechten, die jedem Menschen allein aufgrund seines Menschseins zustehen.

Abdallah Laroui fasst das Endziel der Freiheit im westlichen Kontext mit den Worten zusammen:

إن نظرية الحرية التي تكونت في أعقاب الثورة الفرنسية، والتي تهدف إلى الكشف عن أصل الحرية المطلقة، تستلزم بكيفية أو بأخرى تأليه الإنسان الحر Die nach der Französischen Revolution entstandene Theorie der Freiheit, die darauf abzielte, die Grundlagen der absoluten Freiheit zu enthüllen, erfordert auf die eine oder andere Weise die Vergöttlichung des freien Menschen.

Mafhūm Al-Ḥurrīyya, S. 71

Dies spiegelt sich auch in den Menschenrechtsdokumenten und -vereinbarungen westlicher Regierungen und Organisationen wider, die stark von den philosophischen Theorien aus dem 16. und 17. Jahrhundert beeinflusst werden. Diese Theorien entstanden in einer Zeit, die von Feindseligkeit gegenüber Religion und der Unterdrückung von Menschen geprägt war. Aus diesem Grund wird die Religion bei der Erörterung der Freiheit oder ihrer Regeln, Kriterien und Grenzen außer Acht gelassen und der Schwerpunkt auf die natürlichen Rechte gelegt, die die Beziehung zwischen den Menschen berücksichtigen, ohne auf eine andere externe Autorität zu achten. In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die 1948 verkündet wurde, heißt es in Artikel 2:

Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne Unterschied der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, der Geburt oder des sonstigen Status. (…)

Online-Seite der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: https://www.un.org/en/about-us/universal-declaration-of-human-rights

Unabhängig von der Gültigkeit dieses Dokuments möchte ich mit diesem Artikel darauf hinweisen, dass die Religion keinen Einfluss mehr auf die Menschenrechte hat.

Der 4. Artikel der französischen Erklärung der Menschenrechte, die 1789 veröffentlicht wurde, besagt: „Die Menschen sind frei, und die Freiheit besteht darin, alles zu tun, was anderen nicht schadet“, während es im 5. Artikel heißt: „Das Gesetz hat das Recht, nur Handlungen zu verbieten, die der Gesellschaft schaden. Alles, was das Gesetz nicht verbietet, kann nicht verhindert werden, und niemand kann gezwungen werden, etwas zu tun, was es nicht anordnet.

Die Verfasser der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte hatten eine ausführliche Diskussion über ihre Artikel. Der Vertreter Brasiliens schlug der brasilianischen Delegation vor, den zweiten Satz von Artikel 1 wie folgt zu beginnen: „Geschaffen nach dem Bild und Gleichnis Gottes. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“ Der chinesische Delegierte sprach sich jedoch gegen diesen Vorschlag aus und wies darauf hin, dass China einen Großteil der Menschheit repräsentiert und dass seine Bevölkerung andere Ideale und Traditionen hat als das christliche Abendland. Daher hoffte er, dass die anderen Mitgliedsstaaten sämtliche Änderungsanträge zurückziehen, die metaphysische Probleme aufwerfen. Daraufhin baten viele Vertreter der Mitgliedsstaaten darum, Gott in dem Dokument der Vereinten Nationen nicht zu erwähnen.37

Dieses vom Menschen gemachte Gesetz bestimmt, was als schädlich gilt und was nicht. Aus diesem Grund definieren einige westliche Denker Freiheit gerne als jede Handlung, die nicht gegen das Gesetz verstößt, oder dass sie bedeutet, sich nicht in die Angelegenheiten eines anderen einzumischen, solange es nicht gegen das Gesetz verstößt.38

Der islamische Ansatz zum Verständnis von Freiheit

Frühe muslimische Gelehrte zeigten kein Interesse daran, eine ganzheitliche Definition von Freiheit bereitzustellen, die dem heutigen Verständnis entspricht. Der Begriff hat andere kontextabhängige Bedeutungen. Zum Beispiel verwendeten sie den Begriff im Arabischen, um sich auf eine seiner sprachlichen Bedeutungen zu beziehen, wie z. B. die Abwesenheit von Zwängen, Fehlen von Mängeln, Edelmetall usw.39 oder Nicht-Sklaven. In der Rechtswissenschaft, der Exegese und der Hadith-Literatur wird der Begriff für die letztgenannte Bedeutung verwendet.

Es gibt noch eine weitere Bedeutung, die zeitgenössische Theologen in ihrer Arbeit unter dem Kapitel „Schicksal“ verwenden: Sie meinen damit, dass die Menschen einen freien Willen haben, der es ihnen ermöglicht, sich für die Erfüllung ihrer Pflichten zu entscheiden.

Auch Gelehrte des Sufismus benutzten den Begriff Freiheit, um sich von der Sklaverei gegenüber anderen als Gott zu befreien, egal ob es sich dabei um die Sklaverei gegenüber einem Menschen, Freuden, Begierden oder der Bindung zur Welt handelt, und um sich keine Gedanken über weltliche Angelegenheiten zu machen.40

Auch wenn frühe muslimische Gelehrte den Begriff „Freiheit“ nicht im heutigen Sinne verwendeten, bedeutet das nicht, dass sie sich nicht mit dem Thema Freiheit beschäftigten. Ganz im Gegenteil, sie haben viele wissenschaftliche Theorien aufgestellt, die fast alle Komponenten der Freiheit enthalten, die wir heute in unserer Zeit wahrnehmen, wie im Folgenden erläutert wird, allerdings in einem anderen Stil und mit anderen Begriffen.

Al-Ṭāhir b. ‚Āshūr wies darauf hin, dass der Begriff Freiheit eine neue Bedeutung hat, die unter den Sprechern der arabischen Sprache weit verbreitet ist, insbesondere nachdem nicht mehr an Sklaverei gedacht wird. Dann erwähnte er die Bedeutung in der lateinischen Sprache, nämlich „die fähigen Handlungen eines Menschen, die er nach seinem eigenen Willen getan hat. Nichts konnte ihn daran hindern, sie zu tun, außer seinem eigenen Willen.“ Er erklärte weiter, dass eine solche Bedeutung in der arabischen Sprache nicht existiert, da sie sich nicht von ihrem Wortstamm ableiten lässt, und dass die nächstliegenden Wörter, die diese Bedeutung ausdrücken könnten, inṭilāq oder inkhilā’ sind, die „Aufbruch“ oder „sich von einem Zwang lösen“ bedeuten. Dann erläuterte er die Bedeutung des Wortes Freiheit in der arabischen Sprache.41

Mit dem zeitgenössischen islamischen Diskurs sieht es jedoch anders aus, denn die Verwendung des Begriffs „Freiheit“42 hat sich aus vielen Gründen in der islamischen Literatur durchgesetzt und ist weit verbreitet.

Mit der arabischen Renaissance wurde diese neue Bedeutung erstmals verwendet. Rifā’a al-Ṭahṭāwī gilt als einer der ersten arabischen Denker, der den Begriff Freiheit verwendete und sich mit seiner ganzheitlichen Bedeutung befasste. Er versuchte, ihre Kategorien zu bestimmen, und kam zu dem Schluss, dass es fünf Kategorien gibt: 1) natürliche Freiheit, 2) Verhaltensfreiheit, 3) religiöse Freiheit, 4) bürgerliche Freiheit und 5) politische Freiheit.43

Die Pioniere der arabischen Renaissance benutzten den Begriff weiterhin. Es ist daher nicht verwunderlich, dass das Konzept der Freiheit in den Werken von Khair Al-Dīn al-Tūnisī, Muḥammad ‘Abdo, Muḥammad Rashīd Riḍa und anderen angesehenen arabischen Denkern diskutiert wird.44 Abdur-Raḥmān Al-Kawākibī ist eine der wichtigsten Persönlichkeiten, die die Aufmerksamkeit der Gemeinschaft der Intellektuellen auf die Bedeutung [den Stellenwert] der Freiheit lenkte und dafür sorgte, dass sie sich unter ihnen verbreitete. Er war der Meinung, dass das Schlimmste, was den arabischen Muslimen widerfahren ist, der Verlust der Freiheit ist, und dass sie uns in einem Maße genommen wurde, dass wir ihre Bedeutung nicht mehr kennen und nicht mehr über sie sprechen durften, bis wir anfingen, sie als einen seltsamen Begriff zu betrachten.45 Er pflegte zu sagen:

الحرية هي شجرة الخلد، وسقياها قطرات من الدم المسفوح Die Freiheit ist der Baum der Unsterblichkeit, den man mit den Tropfen des vergossenen Blutes tränken sollte.

Al-‘Amāl Al-Kāmila, S. 206

Nachdem er die Arbeiten dieser angesehenen Denker zum Konzept der Freiheit untersucht hatte, kam Abdallah Laroui zu dem Schluss, dass sie vom westlichen liberalen Denken beeinflusst waren, wenn sie sich mit dem Begriff der Freiheit befassten, und dass sie keine eigenständige Auffassung vertraten.46 Dies ist die gleiche Schlussfolgerung von Muḥammad ‚Amāra in Bezug auf Abdur Raḥmān Al-Kawākibī, wie er betonte:

ميل الكواكبي إلى مفهوم في الحرية هو أقرب إلى المفهوم الليبرالي، الذي يعادي تقييدها بأي شكل من قبل السلطة Al-Kawākibīs Herangehensweise an den Freiheitsbegriff ist näher an der des Liberalismus, der sich gegen jede Form der Freiheitsbeschränkung durch Machthaber jeglicher Form wendet.

Muḥammad Amāra, Abdur Raḥmān Al-Kawākibī Shahīd Al-Ḥurrīyya wa-Mujaddid Al-Islām, S. 144

Der Begriff der Freiheit wird im arabischen und islamischen Kontext immer häufiger verwendet, was ihn zu einem der am häufigsten verwendeten Begriffe unter Intellektuellen macht. Dennoch muss das Konzept der Freiheit im zeitgenössischen arabischen Denken noch eingehender untersucht werden, um seine kognitiven Probleme und Fragen zu ermitteln.47

Der islamische Ansatz zur Freiheit wird in zwei Hauptströmungen unterteilt:

Die erste Strömung konzentriert sich darauf, das Konzept der Freiheit im Islam an das westliche Verständnis von Freiheit anzugleichen. Er grenzt sich nicht nur nicht von der westlichen Auffassung von Freiheit ab, sondern definiert den Begriff auch entsprechend dem westlichen Kontext. Viele Beispiele für diese Strömung werden später in der Studie vorgestellt.

Die zweite Strömung erkennt die Unterschiede zwischen der Freiheit im Islam und dem Konzept der Freiheit in westlichen Gesellschaften an. Der erste Schwung dieser Strömung tauchte während der frühen Ära der arabischen Renaissance auf, und seither bemüht sie sich, die Unterschiede zwischen den beiden herauszustellen. Der erste, der sich für die Unterschiede zwischen den beiden Arten von Freiheit interessierte, war vielleicht der berühmte marokkanische Historiker Aḥmad al-Nāṣirī, der sagte:

واعلم أن هذه الحرية التي أحدثها الفرنج في هذه السنين هي من وضع الزنادقة قطعا؛ لأنها تستلزم إسقاط حقوق الله، وحقوق الوالدين، وحقوق الإنسانية رأسا…واعلم أن الحرية الشرعية هي الذي ذكر الله في كتابه وبينها رسول الله لأمته، وحررها الفقهاء في باب الحجر من كتبهم Du solltest wissen, dass die Freiheit, die von den westlichen Gesellschaften in diesen Jahren eingeführt wurde, ein Produkt von Ketzern ist (…) Du solltest auch wissen, dass die legitime Freiheit diejenige ist, die von Allah in Seinem Buch erwähnt wird, auf die der Prophet Allahs sein Volk hingewiesen hat und die von muslimischen Rechtsgelehrten in ihren Büchern unter dem Kapitel ‚Verbot‘ hervorgehoben wird.

Al-Nāṣirī, Al-Istiqṣā’; zitiert nach: Abdallah Laroui, Mafhūm Al-Ḥurrīyya, S. 11

Die Erkenntnis vieler islamischer Denker über den offensichtlichen Unterschied zwischen dem Freiheitsbegriff im Islam und in den westlichen Gesellschaften drängte sie dazu, ein Konzept zu formulieren, das mit den Lehren des Islam übereinstimmt, seine einzigartigen Merkmale aufzeigt und seine Abgrenzung zum westlichen Freiheitsverständnis gewährleistet. In diesem Buch geht es jedoch nicht darum, ihre Versuche zu bewerten oder ihre Gültigkeit zu beurteilen, sondern vielmehr darum, [einige] ihrer Bemühungen um kognitive Unabhängigkeit im Umgang mit dem Freiheitsbegriff hervorzuheben.

Al-Ṭāhir b. ‚Āshūr ist einer der prominenten Gelehrten, die sich mit den Unterschieden zwischen der islamischen Version von Freiheit und der des Westens auseinandergesetzt haben. Er erklärte, dass Freiheit im Islam zwei Bedeutungen hat: 1) die Beendigung der Sklaverei und 2) die Fähigkeit, in Bezug auf die eigenen Angelegenheiten und das eigene Selbst zu tun, was man will, ohne durch irgendeinen Widerstand behindert zu werden. Nachdem er einige Arten von Freiheit aufgezählt hatte, stellte er außerdem klar, dass die Quelle der Freiheit das islamische Recht ist.48 Dann fügte er hinzu:

ثم إن للشريعة حقوقا على أتباعها تقيد حرية تصرفاتهم بقدرها Das islamische Recht legt Verantwortlichkeiten fest, die den Umgang und die Handlungen derjenigen einschränken, die unter seiner [des islamischen Rechts] Herrschaft handeln.

Ebd., S. 399

Dann stellte er klar, dass die Grenzen der ganzheitlichen Freiheit den Rahmenbedingungen unterliegen, die das islamische Recht für Muslime eingeführt hat.49

Der marokkanische Gelehrte ‘Alāl Al-Fāssī ist einer der Gelehrten, die eine allgemeine Definition von Freiheit vorgeschlagen haben, wie er sagte:

الحرية لا تعني أن يفعل الإنسان ما يشاء ويترك ما يشاء، فذلك ما يتفق مع طبيعة شهوته، ولا يتفق مع طبائع الوجود كما ركب عليه، ولكنها تعني أن يفعل الإنسان ما يعتقد أنه مكلف به، وما فيه الخير لصالح البشر أجمعين Freiheit bedeutet nicht, dass ein Mensch tun kann, was er will, und unterlässt, was er will. [Dieser Sinn von absoluter Freiheit] richtet sich nach seinen Begierden, nicht nach der Natur seiner Existenz. Gleichwohl bedeutet Freiheit in Wirklichkeit, dass ein Mensch das tun sollte, wozu er sich berufen fühlt und was dem Interesse der Menschheit dient.

Maqāṣid Ash-Sharī’ah Al-Islāmīyya wa-Makārimuha, S. 248

Dann erklärte er, dass die Freiheit im Islam den Beschränkungen des islamischen Rechts unterliegt.

Dr. Fatḥī Al-Derīnī versuchte, die Freiheit im Kontext des Islam darzustellen:

الحرية هي المكنة العامة التي قررها الشارع للأفراد على السواء تمكنا لهم من التصرف على خيرة أمرهم دون الإضرار بالغير Freiheit ist eine allgemeine Fähigkeit, die die Religion erlassen hat, um allen Menschen ohne Unterschied zu ermöglichen, das zu tun, was sie für gut halten, solange sie anderen nicht schaden.

Khaṣāiṣ Al-Tashrī’ Al-Islāmī, S. 404

Ein weiterer Versuch, Freiheit zu definieren, stammt von Dr. Raḥīl Gharābīyyah, der feststellt:

الحرية هي المكنة التي يقررها الشارع للأفراد، بحيث تجعلهم قادرين على أداء واجباتهم واستيفاء حقوقهم، واختيار ما يجلب المنفعة لهم ويدرأ المفسدة دون إلحاق الضرر بالآخرين Freiheit ist die Fähigkeit, die der Gesetzgeber für den Einzelnen vorsieht, damit er seine Pflichten erfüllen, seine Rechte wahrnehmen und sich für das entscheiden kann, was ihm nützt, und das abwenden kann, was ihm schadet, ohne anderen Schaden zuzufügen.

Al-Ḥuqūq wal-Ḥurrīyyāt As-Siyāsīyya fī Al-Sharī’a Al-Islāmīyya, S. 41

Dr. Ṭaha Abdur-Raḥmān bemühte sich, die Freiheit im Islam zu definieren. Dazu überprüfte er das Konzept nach westlichen Theoretikern und zeigte dann auf, wie die westliche Auffassung von Freiheit der islamischen Auffassung widerspricht. Dann erarbeitete er eine Definition, von der er glaubte, dass sie mit den Zielen des islamischen Rechts übereinstimmt, so sagte er:

الحرية هي أن تتعبد للخالق باختيارك وأن لا يستعبدك الخلق في ظاهرك أو باطنك Freiheit bedeutet, den Schöpfer aus freien Stücken anzubeten und sich nicht von anderen Geschöpfen versklaven zu lassen, weder offenkundig noch innerlich.

Su’āl Al-‘Amal, S. 153

Nach dieser Definition hat die Freiheit zwei Säulen, nämlich: 1) die Verwirklichung des vollständigen Zustands der Sklaverei gegenüber Gott und 2) die Befreiung von der Unterwerfung unter die Menschheit.

Diese vorgeschlagenen Definitionen und Wahrnehmungen spiegeln die Wahrnehmung des arabischen und islamischen Denkens über die Freiheit wider und geben ihre Richtung vor. Der tief verwurzelte Einfluss der Religion auf diese Sichtweise zeigt sich in ihrer Rolle bei der Festlegung der Grundlagen der Freiheit, der Bestimmung ihrer Grenzen und der Festlegung ihrer Ziele.

Diese Faktoren hatten einen erheblichen Einfluss auf die Gesinnung islamischer Denker und Forscher, wenn es um die im Islam zugesicherten Menschenrechte ging. Viele von ihnen haben einen Teil ihrer Literatur dem Unterschied zwischen dem westlichen und dem islamischen Menschenrechtsansatz gewidmet. Die islamische Herangehensweise an die Menschenrechte wird in der Kairoer Erklärung über die Menschenrechte im Islam deutlich, die 1990 (1411 n. H.) von der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIZ) verfasst wurde. In der Erklärung heißt es in der Präambel:

ومساهمة في الجهود البشرية المتعلقة بحقوق الإنسان التي تهدف إلي حمايته من الاستغلال والاضطهاد وتهدف إلي تأكيد حريته وحقوقه في الحياة الكريمة التي تتفق مع الشريعة الإسلامية.
Als Beitrag zu den Bemühungen der Menschheit, die Menschenrechte durchzusetzen, den Menschen vor Ausbeutung und Verfolgung zu schützen und seine Freiheit und sein Recht auf ein würdiges Leben in Übereinstimmung mit der islamischen Scharia zu bekräftigen.

وثقة منها بأن البشرية التي بلغت في مدارج العلم المادي شأنا بعيدا، لا تزال، وستبقي في حاجة ماسة إلي سند إيماني لحضارتها وإلي وازع ذاتي يحرس حقوقها.

In der Überzeugung, dass die Menschheit, die in der materialistischen Wissenschaft ein fortgeschrittenes Stadium erreicht hat, immer noch und auch in Zukunft dringend den Glauben benötigt, um ihre Zivilisation zu stützen, sowie eine selbstmotivierende Kraft, um ihre Rechte zu wahren.

وإيمانا بأن الحقوق الأساسية والحريات العامة في الإسلام جزء من دين المسلمين لا يملك أحد بشكل مبدئي تعطيلها كليا أو جزئيا، أو خرقها أو تجاهلها في أحكام إلهية تكليفية أنزل الله بها كتبه، وبعث بها خاتم رسله وتمم بها ما جاءت به الرسالات السماوية وأصبحت رعايتها عبادة، وإهمالها أو العدوان عليها منكرا في الدين وكل إنسان مسؤول عنها بمفرده، والأمة مسؤولة عنها بالتضامن

In dem Glauben, dass die Grundrechte und Freiheiten gemäß dem Islam ein integraler Bestandteil der islamischen Religion sind und dass niemand grundsätzlich das Recht hat, sie ganz oder teilweise abzuschaffen, zu verletzen oder zu ignorieren, dass sie verbindliche göttliche Verpflichtungen sind, die in den offenbarten Büchern Allahs enthalten sind und die durch den letzten Seiner Propheten gesandt wurden, um die vorangegangenen göttlichen Botschaften zu vervollständigen, und dass die Wahrung dieser Grundrechte und -freiheiten eine gottesdienstliche Handlung ist, während ihre Vernachlässigung oder Verletzung eine abscheuliche Sünde darstellt, und dass die Wahrung dieser Grundrechte und -freiheiten eine individuelle Verantwortung jedes Einzelnen und eine kollektive Verantwortung der gesamten Umma ist.

Der Text der Erklärung ist auf Webseiten verfügbar.

In vielen ihrer Artikel wird betont, dass die Menschenrechte durch die Bestimmungen des islamischen Rechts geregelt werden und nicht außerhalb ihres Geltungsbereichs wirken dürfen.

Ziel dieser Forschungsarbeit ist jedoch nicht, die von einigen islamischen Denkern dargelegten Grenzen der Freiheit zu überprüfen oder zu untersuchen, sondern vielmehr den Ansatz des Islam kennenzulernen, der sich offensichtlich von dem des Westens unterscheidet, da der Einfluss von Religion und Göttlichkeit offensichtlich ist.

Das Konzept der Freiheit: Was ist das Ergebnis?

Es scheint schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, eine allgemeine Definition zu finden, die alle Bestandteile der Freiheit umfasst und gleichzeitig ganzheitlich und unwiderlegbar ist.

Nichtsdestotrotz ist es möglich, eine Definition für Freiheit nach islamischem Verständnis abzuleiten, deren Funktion es ist, das Konzept näher zu bringen und die gängigsten Bedeutungen zu ermitteln, ohne zu versuchen, alle Bestandteile der Freiheit zu erfassen.

Die Definition von Dr. Ṭaha Abdur Raḥmān kann diesen Zweck erfüllen, denn sie dient als eine der ganzheitlichsten Definitionen von Freiheit, die wie folgt lautet:

الحرية هي أن تتعبد للخالق باختيارك وأن لا يستعبدك الخلق في ظاهرك أو باطنك Freiheit bedeutet, den Schöpfer aus freien Stücken anzubeten und sich nicht von anderen Geschöpfen versklaven zu lassen, weder offenkundig noch innerlich.

Su’āl Al-‘Amal, S. 153

Das kann so umformuliert werden: Freiheit im Islam ist der Zustand, in dem eine Person Allah unterwürfig und ein wahrer Sklave gegenüber Ihm ist, und [in dem er] frei von der Versklavung eines anderen Menschen [ist].

Um eine Definition zu finden, die alle Aspekte und Grenzen abdeckt, wäre es am besten, jeden Bestandteil der Freiheit unabhängig voneinander zu definieren: Willensfreiheit, persönliche Freiheit, Religionsfreiheit, politische Freiheit und Meinungsfreiheit. Das ist die Methode, die in dieser Forschungsarbeit angewandt wird.

  1. Siehe die Behauptung der Zweideutigkeit des Freiheitsbegriffs: al-Ṭayyeb Bou’ezza, Naqd al-Librālīyyah, S. 140; Raḥīl Gharābīyyah, al-Ḥuqūq wal-Ḥurrīyyāt as-Siyāsīyyah fī ash-Sharī’ah al-Islāmīyyah, S. 33; The Center of Arab Unity, Encyclopedia of Arab Philosophy, S. 365; Falsafat al-Ḥurrīyyah, S. 11; Muḥammad Sa’īd Ramaḍān Al-Būṭī, Ḥiwār Ḥawl Mushkilāt Ḥaḍārīyyah, S. 101; und ‚Īsa Bairam, al-Ḥurrīyyāt al-‚Āmma wa- Ḥuqūq al-Insān, S. 13
  2. Ebd., S. 20.
  3. Saycologīyyat al-Jamāhīr (Psychologie der Massen), S. 116
  4. Siehe: Abdul Rahīm Al-Salamī, Ḥaqīqatu al-Librālīyyah wa-Mawqif Al-Islām Minha, S. 114
  5. Zitiert nach: Center of Arab Unity, Falsafat al-Ḥurrīyyah, S. 156
  6. Mushkilat al-Ḥurīyyah, S. 18
  7. Abdul Ḥamid Metwallī, al-Ḥurrīyyāt al-Āmmah, S. 9
  8. Siehe: Raḥīl Gharābīyyah, al-Ḥuqūq wal-Ḥurrīyyāt as-Siyāsīyyah fī ash-Sharī’ah al-Islāmīyyah, S. 33 und The Arab Philosophical Encyclopedia, S. 365
  9. Siehe: Sa’d al-Bāza’ī, Istiqbāl al-Ākhar, S. 233
  10. Siehe: André Lalande, Encyclopedia of Philosophy, Bd. 2, S. 727
  11. Siehe: Murād Wahba, The Philosophical Dictionary, S. 287; The Arab Philosophical Encyclopedia, S. 365 und Jamīl Ṣulaiba, The Philosophical Dictionary, Bd. 1, S. 462
  12. Siehe: Isaiah Berlin, Ḥuqūq al-Ḥurrīyah (Liberty), S. 11 und Abdul Ḥakīm Al-‘Aylī, al-Ḥurrīyyāt al-‘Āmma fī al-Fikr wal-Niẓām as-Siyāsī fī al-Islām, S. 6.
  13. Siehe: Yāsir Qanṣwa, Mafhūm al-Ḥurrīyya fī al-Librālīyya al-Mu’āṣira, S. 127-129
  14. Siehe: Center of Arab Unity, Falsafat al-Ḥurrīyya, S. 48
  15. Siehe die Defīnition von Naturreligion: The Concise Philosophical Encyclopedia, S. 421 und The Philosophical Encyclopedia, The Development of a Committee of Soviet Scholars, S. 226
  16. Siehe die Defīnition von Atheismus: André Lalande, Encyclopedia of Philosophy, Bd. 1, S. 107 und The Philosophical Encyclopedia, The Development of a Committee of Soviet Scholars, S. 467.
  17. Zitiert nach: Crane Brinton, Afkār wa-Rijāl – Qiṣat al-Fikr al-Gharbī (Ideas and Men: The Story of Western Thought), S. 502
  18. Will Durant, Qiṣat al-Fasafa (The Story of Philosophy), S. 289
  19. Hans Reichenbach, Nash’at al-Falsafa al-‘Ilmīyyah (The Rise of Scientifīc Philosophy), S. 54
  20. Franklin L. Baumer, al-Fikr al-Orobī al-Hadīth (Modern European Thought), Bd. 3, S. 54
  21. Zitiert nach: John Herman Randall, Takwīn al-‘Aql al-Hadīth (The Making of the Modern Mind), Bd. 2, S. 334
  22. Azmat al-Wa’ī al-Orobī (The Crisis of the European Mind/Die Krise des europäischen Geistes), S. 9
  23. Ebd., S. 191
  24. Al-Insān fī al-‘ Ā lam al-Hadīth (Man in the Modern World/Der Mensch in der modernen Welt), S. 224
  25. Paul Hazard, Azmat al-Wa’ī al-Orobī (Die Krise des europäischen Geistes), S. 9 und Ṭāriq al-Bishrī, Al- Ḥiwār al-Islām ī al-‘Almānī, S. 32
  26. Siehe die Defīnition von Naturrecht: Ghāzi Ṣārīnī, Al-Wajīz fī Ḥuqūq Al-Insān, S. 24
  27. Siehe: Mawsū’at As-Sīyāsa, ed. ‘Abdul-Wahāb al-Kīlānī, Bd. 4, S. 128 und Abdul Ḥakīm Al-‘Aylī, al- Ḥurrīyyāt al-‘Āmma fī al-Fikr wal-Niẓām as-Siyāsī fī al-Islām, S. 17
  28. Siehe die Kritik an der Theorie der Naturrechte und ihrer Verzweigungen: ‘Abdul-Wahāb ash-Shīshānī, Ḥuqūq Al- Insān wa Ḥurrīyyātuhu Al-Asāssīya fī Al-Niẓām Al-Islāmī wal-Noẓom Al-Mo’āṣira, S. 11-13
  29. Siehe: Abdul Ḥakīm Al-‘Aylī, al-Ḥurrīyyāt al-‘Āmma fī al-Fikr wal-Niẓām as-Siyāsī fī al-Islām, S. 18 & 48
  30. Siehe: Abdallah Laroui, Mafhūm Al-Ḥurrīyya, S. 42
  31. An Al-Ḥurrīyya (Über die Freiheit), S. 20
  32. Ebd., S. 15
  33. Siehe: Jean-Jacques Rousseau, al-‘Aqd al-Ijtimā’ī (The Social Contract), S. 155
  34. Ebd., S. 29
  35. Zitiert nach: Muḥammad Al-Hilālī & ‘Azīz Lazraq, Al-Ḥurrīyya, S. 84
  36. Zitiert nach: Abdallah Laroui, Mafhūm Al-Ḥurrīyya, S. 44
  37. Sāmī Abū Sāḥlīya, Ḥuqūq Al-Insān Al-Motanāza’ ‘Alayha Bayna Al-Gharb wal-Islām,– Teil des Buches Ḥuqūq Al-Insān, veröffentlicht von Al-Wiḥda Al-‘Arabīya, S. 174
  38. Siehe: Muḥammad Al-Hilālī & ‘Azīz Lazraq, Al-Ḥurrīyya, S. 71 und Ṭaha Abdur Raḥmān, So’āl Al-‘Amal, S. 144
  39. Siehe: Al-Azharī, Tahḍīb Al-Lugha, Bd. 3, S. 266 und Ibn Manẓūr, Lisān Al-‘Arab, Bd. 2, S. 117
  40. Siehe: Al-Qushayrī, Al-Risāla, Bd. 2, S. 317 und Abū Naṣr Al-Sirāj, Al-Lam’ fī At-Taṣawwuf, S. 364
  41. Siehe: Uṣūl An-Niẓām Al-Ijtimā’ī fī Al-Islām, S. 255-257
  42. Siehe: Abdallah Laroui, Mafhūm Al-Ḥurrīyya, S. 33
  43. Siehe: Al-‘Amāl Al-Kāmila, Bd. 2, S. 473 und Falsafat Al-Ḥurrīyya, S. 140
  44. Siehe: Mofīda Muḥammad Ibrāhīm, Mafhūm Al-Ḥurrīyya wa-Ḥuḍūrihi fī ‘Aṣr Al-Nahḍa: ‘Aṣr Al-Nahḍa Bayna Al-Ḥaqīqa wal-Wahm, S. 361-395
  45. Siehe: Al-Kawākibī, Om Al-Qura, S. 31
  46. Siehe: Abdallah Laroui, Mafhūm Al-Ḥurrīyya, S. 47-49
  47. Die Gegenwart des Konzepts der Freiheit im zeitgenössischen arabischen und islamischen Denken bedarf einer umfassenden Studie, die sich mit der Geschichte seiner Gegenwart, seinen wichtigsten Entwicklungen und Phasen, seinen wichtigsten Auswirkungen, seinen prominentesten Trends und Schulen sowie den offensichtlichsten intellektuellen und legitimen Auswirkungen befasst.
  48. Siehe: Maqāṣid Ash-Sharī’ah, S. 390-393
  49. Siehe: Uṣūl An-Niẓām Al-Ijtimā’ī fī Al-Islām, S. 270

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