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1) Ist die Scharia wirklich ein System voller Strafen und Einschränkungen?

Was ist die Scharia? Wenn wir diesen Begriff verwenden, denken wir normalerweise an ein System voller Strafen und Einschränkungen – ist das wirklich so?

Die Scharia ist eine Vereinigung von Recht und Ethik, was für Menschen, die in der heutigen Gesellschaft leben, sehr befremdlich ist, weil wir uns unter Recht nur Strafe vorstellen.

Wenn du ein beliebiges Fiqh-Buch in die Hand nimmst, worum geht es im ersten Kapitel? Es geht um Wasser. Es geht um Wasser, dann geht es im nächsten Kapitel um das Gebet und im darauffolgenden Kapitel um das Fasten usw.

Wenn mich jemand fragen würde, wo die islamischen Rechtsbücher sind, würde ich ihm dieses Buch geben. Ein Buch, das mit Wasser beginnt.

Wir müssen also erkennen, dass wir über zwei verschiedene Dinge sprechen. Die Leute wollen gleich zu den Strafen übergehen, sie wollen denken, dass die Scharia so furchterregend ist. Aber die Strafen stehen ganz am Ende, denn die Scharia lehrt dich, wie du ein ethischer Mensch sein kannst. Du kannst kein ethischer Mensch sein, wenn du nicht lernst zu beten, dich zu reinigen und dich zu disziplinieren.

Wenn du mir also sagen willst, dass die Scharia irgendwie grausam oder extrem ist, weil sie diese oder jene Strafe vorsieht, dann finde ich es viel grausamer und extremer, ein System zu haben, das mich bestraft, ohne mir vorher beizubringen, wie ich ein ethischer Mensch sein kann.

2) Worum geht es in der Scharia und was ist der Unterschied zu anderen Systemen?

Wenn es einen Staat gäbe, in dem alle Regeln der islamischen Scharia angewandt würden, inwiefern würde er sich von anderen Staaten unterscheiden?

In einem Staat geht es nicht nur um die Regeln, die er anwendet, sondern auch um die Institutionen, die er hat, und die Menschen, die er ausbildet. Man kann keine Scharia-Gesellschaft haben, indem man einfach alle Regeln in die [Gesetzes]Bücher schreibt. Das entspricht der modernen Vorstellung von Recht, bei der es nur um Regeln und Strafen geht. Darum geht es bei der Scharia nicht.

Bei der Scharia geht es um Institutionen, um Bildung. Es geht darum, den Menschen von klein auf beizubringen, warum sie hier sind, warum es sie gibt, was der Sinn ihrer Existenz ist, und ihnen beizubringen, wie sie sich selbst disziplinieren, wie sie Regeln befolgen, wie sie einen Beitrag zur Gesellschaft leisten, und ihnen auch beizubringen, dass es Grenzen gibt und dass diese Grenzen respektiert werden müssen.

Wenn du also eine echte Scharia-Gesellschaft willst – und das ist der Fehler, den viele Menschen machen: Es geht nicht nur darum, Gesetze zu erlassen, sondern darum, Institutionen zu entwickeln und Menschen zu bilden. Ich will damit sagen, dass Menschen nicht dazu erzogen werden, ein guter Mensch zu sein. Menschen werden nur manchmal über die Regeln aufgeklärt und darüber, was mit ihnen passieren wird, wenn sie diese Regeln brechen, also die Strafen.

Stell dir vor, du hast ein Kind und bringst ihm nicht bei, wie es dir gehorchen soll oder warum es dir gehorchen soll, sondern du gibst ihm nur eine Liste von Regeln und dann eine Liste von Strafen. Hast du dein Kind dann wirklich erzogen? Nein, du hast ihm nur gesagt: Das sind die Regeln und das sind die Strafen. So machen es moderne Staaten, so macht es das moderne Recht. Die Scharia ist nicht so. Die Scharia behandelt dich wie ein Kind und sagt: Aus diesem Grund solltest du dich um diese Dinge kümmern, es ist gut für dich, es ist in deinem besten Interesse und es lehrt dich, ein guter Mensch zu sein und sich ethisch zu verhalten.

3) Reichen Gesetze wirklich aus?

Glaubst du, Gesetze sind das Einzige, was dich in Schach hält?

Nein, Gesetze reichen nie aus.

Ich gebe dir ein Beispiel: Wenn du auf der Straße fährst, gibt es eine Höchstgeschwindigkeit. Manchmal fährst du schneller als die Höchstgeschwindigkeit. Wir wollen nicht schneller fahren als Allahs Höchstgeschwindigkeit. Was hält dich jetzt davon ab, die Höchstgeschwindigkeit zu überschreiten?

Was passiert, wenn du ein Polizeiauto oder eine Polizeikamera auf der Straße siehst? Du fährst langsamer.

Was also soll uns daran hindern, wenn niemand sonst zuschaut? Taqwa, d. h. Gottesfurcht. Das heißt, das Richtige zu tun, wenn niemand zusieht. Das ist Taqwa und das ist der Unterschied: die Scharia interessiert sich für deine Erziehung zu einer moralischen Person. Sie versucht, dich zu einer Person zu erziehen, die in der Lage ist, eine Bestechung abzulehnen. Eine Person, die das Richtige tut, wenn niemand zusieht, und nicht nur, wenn es eine Regel oder eine Strafe gibt.

4) Wie sieht es mit Frauenrechten in der Scharia aus?

Manche Leute sagen, dass Frauen in einem Land, in dem die Scharia gilt, wie Bürger zweiter Klasse behandelt werden und keine Rechte haben. Was sagst du dazu?

Wie können Frauen in einem System, in dem sie das Recht haben, nicht zu arbeiten, Bürger zweiter Klasse sein? Ein System, in dem sie das Recht haben, verheiratet zu sein, finanziell versorgt zu werden, keine Karriere machen zu müssen, wenn sie nicht wollen? All diese Dinge.

Vielleicht haben sie eine etwas andere Rolle als der Vater oder der Ehemann, aber das bedeutet nicht automatisch, dass sie Bürger zweiter Klasse sind. Und Leute, die mit dieser Annahme kommen, müssen ihre Annahmen überdenken.

Kein System gibt Frauen mehr Rechte als der Islam, denn im Islam geht es darum, die Menschen in die Lage zu versetzen, erfolgreich zu sein – nicht erfolgreich in dem Sinne, in einem Hochhaus oder in einer Villa zu leben und einen Bugatti zu fahren oder was auch immer man für Erfolg hält. Wir reden davon, in dieser Welt ein guter Mensch zu sein und in der nächsten das Paradies zu erreichen.

Heißt das, dass deine Rechte genauso aussehen werden wie die von jemand anderem? Nein, denn auch deine Privilegien werden anders sein. Jeder hat andere Rechte und andere Privilegien.

Ich bin die größte Person in meinem Haushalt, aber ich habe einen zweijährigen Sohn, der viel kleiner ist als ich. Wenn es an der Zeit ist, die Glühbirne zu wechseln, wer darf dann die Glühbirne wechseln? Ich. Es ist am sinnvollsten, wenn ich diese Aufgabe übernehme. Wenn ich wollte, dass meine Kinder das tun, könnten sie das vielleicht tun, aber es wäre nicht richtig, das von ihnen zu erwarten.

Damit wir als Haushalt zusammenarbeiten können, müssen sich die Menschen auf verschiedene Dinge konzentrieren. Wenn es also um die Rechte der Frauen und den Islam geht, definiert der Islam, was echte Rechte sind und was nicht.

Alle Menschen, Frauen und Männer, haben das Recht, wertgeschätzt zu werden, sicher zu sein, sich selbst zu verwirklichen und solche Dinge. Aber wenn es darum geht, ob Frauen Präsidentin oder Familienvorstand oder unabhängig sein sollten, verlieren wir den Überblick.

Wir existieren nicht nur als Individuen. Jeder ist am meisten erfüllt in einem familiären Umfeld. Jeder ist am meisten erfüllt in einem gemeinschaftlichen Umfeld. Und wenn du in einer Familie und in einer Gemeinschaft lebst, müssen die Menschen verschiedene Rollen einnehmen. Der Islam ermutigt die Menschen daher dazu, verschiedene Rollen einzunehmen, damit wir uns aufeinander verlassen und am besten zusammenarbeiten können.

5) Was ist mit Polygamie?

Nach der Scharia kann ein Mann vier Frauen heiraten – was ist die Weisheit dahinter und wie kann sie heutzutage angewendet werden?

In der Ehe geht es immer um Familie und Kinder. Die moderne Welt will, dass wir das vergessen, aber in der Ehe geht es immer um Familie und Kinder; was das Beste für Familien und was das Beste für Kinder ist. Gibt es Situationen, in denen Frauen dieses Arrangement eingehen wollen, in dem sie die zweite, dritte oder vierte Ehefrau sind? Ja, natürlich.

Sehen wir es mal so: In der Scharia haben Frauen das Recht, finanziell versorgt zu werden. Sie haben das Privileg, dass sie nicht arbeiten müssen, wenn sie nicht wollen, dass sie keine Karriere machen müssen. Wenn du das willst, ist das etwas anderes, aber wenn du das nicht willst, hast du das Recht, es nicht zu müssen. Welche Mechanismen helfen uns also dabei, das umzusetzen? Polygamie ist einer der Mechanismen, um das umzusetzen.

[Stell dir vor] Es gibt eine Frau in ihren 30ern, deren Ehemann früh stirbt. Sie hat kleine Kinder, was soll sie tun? Zurück zu ihren Eltern gehen? Vielleicht. Was aber, wenn sie das nicht kann? Zu einem Bruder gehen? Nochmals: Vielleicht. Aber was, wenn sie das nicht kann?

Anstatt eine Karriere zu machen, 40 Stunden die Woche zu arbeiten, deine Kinder nicht so oft zu sehen – denke auch einmal darüber nach, welche Auswirkungen das auf die Kinder haben wird – gibt es diese Möglichkeit. Wenn sie will, kann sie die Zweitfrau von jemandem werden, der sich um sie kümmert. Sie kann sich auf ihre Kinder konzentrieren und die Kinder sind versorgt – und das ist wiederum das Hauptziel: Egal, welche Familienordnung wir haben, die Kinder sind versorgt.

Es gibt andere Situationen, in denen das tatsächlich wirklich wichtig ist, z. B. im Kontext von Kriegen, in denen historisch gesehen Männer massenhaft ihr Leben verloren haben. Wenn du in ein Dorf gehst, kann es sein, dass das Verhältnis zwischen Frauen und Männern sehr stark zugunsten der Frauen verschoben ist. Vielleicht gibt es 70% Frauen und 30% Männer oder sogar mehr. Was sollen all diese Frauen dann tun?

Nach der Scharia haben Frauen das Recht, verheiratet zu sein und Kinder zu bekommen, wenn sie das wollen. Wenn du sie daran hinderst oder ihnen keine Möglichkeit gibst, das zu tun oder diesen Teil ihres Lebens zu erfüllen und ihre Rechte wahrzunehmen, wird es sehr schwierig für sie und für die Gesellschaft.

Es ist wichtig zu erwähnen, dass nur weil etwas missbraucht werden kann, das Ganze nicht unrechtmäßig ist. Allah sagt uns im Qur’an, dass wenn ihr euch darauf einlässt, dass wenn ihr dieses Arrangement eingeht, ihr gerecht sein müsst, wenn ihr mehrere Frauen habt. Und es gab niemanden, der gerechter zu seinen Frauen war als der Prophet Muhammed ﷺ. Jeden Tag nach dem Asr-Gebet besuchte er jede einzelne von ihnen, bis er zu derjenigen kam, bei der er in dieser Nacht bleiben würde. Und so war er so gerecht, wie er nur konnte, wenn es um seine Zeit und sein Geld ging.

Jemand könnte fragen: Was ist, wenn der Ehemann die eine oder andere misshandelt? Ja gut, was ist, wenn ein Ehemann seine einzige Frau misshandelt? Was ist, wenn ein Vater seine Kinder misshandelt? Wir haben immer noch die Institution der Ehe, wir haben immer noch die Vaterschaft. Schaffen wir das alles ab, nur weil es missbraucht werden kann?

Wir schneiden nicht – wie es so schön heißt – das Kleidungsstück auf die Person zu, sondern helfen ihr, in das Kleidungsstück hineinzuwachsen. Die Person muss wachsen und reifen, um mit der Verantwortung und der Macht gut umgehen zu können, und so ist es auch bei der Polygamie.

6) Warum gilt Polygamie nicht auch für Frauen?

Warum haben Männer das Recht, vier Frauen zu heiraten, aber Frauen nicht das Recht, vier Männer zu heiraten?

Na ja, es gibt gewisse Komplikationen, die sich ergeben, wenn wir dieses Recht auch auf Frauen ausweiten würden, und das ist zunächst einmal die Abstammung. Eines der Dinge, die die Scharia schützt, ist die Abstammung. Es ist extrem wichtig, zu wissen, woher du kommst, zu wissen, wer dein Vater ist, dein Erbe zu kennen. Und wenn es, nur mal angenommen, eine Situation gäbe, in der eine Frau mit mehr als einem Mann verheiratet ist, dann würde die Abstammung angezweifelt werden. Du wüsstest nicht, wer dein richtiger Vater ist.

Und tatsächlich ist es so, dass bevor der Prophet Muhammed ﷺ nach Arabien kam, es im vorislamischen Arabien Heiratsformen gab, die dieser Situation ähnelten, bei denen die Frauen Kinder bekamen und nicht sicher waren, wer der Vater war.

Und wenn du eine Bestätigung dafür brauchst, dass dies der Psyche der Kinder schadet und sich negativ auf das Verhalten und den Erfolg auswirkt, dann sieh dir einfach die Zahlen und Fakten an. Es gibt viele Zahlen und Fakten, die zeigen, dass Menschen, die wissen, wer ihre biologischen Eltern sind, bei ihren biologischen Eltern leben, in einer Familie aufwachsen, die sie unterstützt, dass das das Beste für sie ist – psychologisch gesehen, für ihre körperliche Gesundheit, für ihre geistige Gesundheit usw.

Dafür ist die Familie ja da.

Das sind also nur Gedankenexperimente, [die Frage danach] was wäre, wenn eine Frau mehr als einen Mann hätte? Was wäre, wenn dies, was wäre, wenn das?

Was ist der Sinn und Zweck der Familie? Der Sinn und Zweck der Familie ist es, Kinder aufzuziehen und Kinder in einer sicheren Umgebung aufzuziehen, in der sie Erfolg haben werden.

7) Würden Nichtmuslime die Scharia befürworten?

Als Muslime glauben wir, dass die Scharia uns vollkommene Gerechtigkeit bringen wird. Wenn es ein so gutes Beispiel für einen Staat gäbe, in dem die Scharia angewandt wird, glaubst du, die Nichtmuslime würden dieses System auch bevorzugen?

Auf jeden Fall würden sie das, und historisch gesehen haben sie das auch.

Wenn jemand das bezweifelt, soll er sich einfach die Geschichte Palästinas ansehen. In welchen Epochen der Geschichte florierte das Christentum in Palästina? In welchen Epochen der Geschichte florierte das Christentum in Palästina? Das war tatsächlich, als die Muslime das Sagen hatten.

Es war eigentlich sogar so, dass jedes Mal, wenn die Christen Palästina übernahmen, sie die Juden rauswarfen, was genau das Gegenteil von dem ist, was die Muslime in der Geschichte mit ihnen gemacht haben.

Und selbst innerhalb des Christentums – und es gibt viele Geschichten darüber – gab es so viele Machtkämpfe. Wenn du dir die Geschichte ansehen willst, dann sieh dir einige der Kreuzzüge an, besonders den vierte Kreuzzug. Einige der Kreuzzüge wurden zuerst gegen andere christliche Gruppen geführt, als sie durchzogen.

Viele dieser christlichen Gruppen in Palästina und in diesem Gebiet waren also tatsächlich froh über die Scharia und über die Herrschaft der Muslime über sie, weil sie wussten, dass wir in unserem Gesetz, in der Scharia, Bestimmungen haben, die sie, ihre Unabhängigkeit und ihre Religionsfreiheit schützen, wohingegen es im Christentum und in anderen Systemen keine Bestimmungen gibt, die jemanden daran hindern würden, sie auszulöschen oder zu vertreiben oder sie an der Ausübung ihrer Religion zu hindern.

8) Wenn die Scharia so toll ist, warum sieht die Situation der Länder, in denen die Scharia herrscht, nicht so rosig aus?

Du sagst zwar, dass dieses System das idealste ist, aber selbst in den muslimischen Ländern, die von der Scharia regiert werden, sieht die Situation nicht so gut aus. Was denkst du, ist der Grund dafür?

Es gibt derzeit kein Land, das von der Scharia regiert wird, weil wir diesen Unterschied erlebt haben, bei dem wir die Scharia bloß als Gesetz im modernen Sinne des Wortes verstehen – bloß Regeln und bloß Strafe.

Es gibt keinen Ort, an dem wir die Scharia-Gesellschaft haben, die vor dem Kolonialismus existierte, wo wir die Institutionen hatten, die den Menschen beibrachten, wie sie sich ethisch verhalten sollten, die den Menschen beibrachten, wie sie ihre eigene Polizei sein können – d. h. das Gewissen zu haben, das sie davon abhält, das Falsche zu tun.

Was wir heute haben, sind einige Regierungen, die einige Regeln haben, die im Qur’an und in der Sunna zu finden sind. Aber das bedeutet nicht, dass wir ein ganzes System haben. Und tatsächlich leidet die muslimische Welt unter der Tatsache, dass wir die Scharia nicht als ganzes System haben, sondern nur ein modernes Gesetz mit islamischer Verpackung.

9) Könnte es nicht sein, dass wir Menschen inzwischen ein besseres System als die Scharia entwickelt haben?

Was du sagst, ist gut für die Zeit, als der Qur’an herauskam, aber 1400 Jahre sind vergangen. Ist es nicht möglich, dass die Menschheit ein besseres System entwickelt hat?

Hast du ein Auto?

Ja.

Was für ein Auto fährst du?

Ein deutsches.

Hast du ein Benutzerhandbuch für dieses Auto im Handschuhfach?

Ja.

Warum hast du kein neues Benutzerhandbuch verfasst?

Brauche ich nicht.

Wieso?

Das haben sie schon [für mich] getan.

Das haben sie schon getan. Und was würde passieren, wenn du versuchen würdest, ein neues Benutzerhandbuch zu erstellen?

Ich würde das Auto kaputt machen.

Ja, weil du das Auto nicht gebaut hast. Also wieso sollten wir das dann machen?

Wir glauben an einen Schöpfer. Der Schöpfer hat uns erschaffen. Er kennt uns. Er kennt unsere inneren Beweggründe. Er kennt unsere Fähigkeiten. Er kennt unsere Schwächen. Und Er hat ein System geschaffen, das uns innerlich wie äußerlich ab dem Zeitpunkt, an dem wir Babies sind, bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir sterben, zum bestmöglichen Weg leiten soll. Was willst du oder ich dem also noch hinzufügen?

Wenn du und ich versuchen, ein neues Benutzerhandbuch zu erstellen, werden wir das Auto kaputt machen.

10) Warum gibt es in der Scharia das Konzept „Auge um Auge, Zahn um Zahn“?

In der Scharia gibt es das Konzept „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, warum?

Weil, wenn Menschen sich rächen wollen, sie sehr selten gerecht sind. [Stell dir vor] Jemand kommt und rammt aus Versehen dein Auto. Vielleicht gehst du hin und rächst dich, indem du sein Auto absichtlich rammst. Jetzt ist er wütend auf dich und wirft etwas gegen dein Haus. Und es eskaliert – das ist die menschliche Natur – es eskaliert, weil wir psychologisch den Schaden, der uns zugefügt wird, immer als gewaltig wahrnehmen. Und wir empfinden den Schaden, der anderen Menschen zugefügt wird, als klein und unbedeutend.

Jetzt erweitern wir das auf gesellschaftlicher Ebene: Da ist Stamm A und Stamm B. Stamm A tötet jemanden von Stamm B. Was wird Stamm B tun? Er wird zwei Menschen aus Stamm A töten. Was wird Stamm A tun? Sie werden zurückgehen und ein ganzes Dorf auslöschen und so weiter und so fort.

Das war die gelebte Realität der Menschen im Hidschaz und in Arabien, bevor der Islam zu ihnen kam. Vergeltung. Niemand würde aufhören. Sie würden nur Fehden hervorbringen, die Hunderte von Jahren andauerten. Wie willst du das beenden? „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ beendet das. Qisas beendet das. Demnach gilt: Wenn das passiert, ist das genau das, was dir zusteht, nichts weiter. Und wenn du das bekommen hast, ist es vorbei. Danach musst du es sein lassen. Alles darüber hinaus ist zu viel und wird nur zu noch mehr Schaden und Vergeltung und Problemen führen.

Deshalb hat die Familie auch die Möglichkeit, zu vergeben, wenn sie will. Sie kann sagen: „Okay, wir nehmen die Strafe, weil es sich für uns so am besten anfühlt. Wir wollen einen Schlussstrich ziehen“, oder „wir nehmen Blutgeld oder irgendeine Art von Zahlung“, oder „wir vergeben“. Es obliegt ihnen.

Wenn also der Ehemann von jemandem umgebracht wird, kann die Familie entscheiden, was mit der Person geschieht, die das Verbrechen begangen hat. Wird sie getötet? Vielleicht. In den Vereinigten Staaten ist es schon vorgekommen, dass jemand jemanden getötet hat, der einem nahe stand. Manche Menschen können nachts nicht schlafen, weil sie wissen, dass diese Person „noch da“ ist. Vielleicht läuft sie durch die Straßen. Vielleicht wohnt sie in deiner Nachbarschaft. Es ist unmöglich. Diese Person hat keinen Frieden.

Es ist das Recht der Familie, zu erwarten, dass der Person das Leben genommen wird, das ist okay. Aber vielleicht würden sie das lieber nicht wollen. Vielleicht tut es ihnen leid. Vielleicht wissen sie, dass die Person… dass es in einem Moment der Eile war, oder so etwas wie ein Verbrechen aus Leidenschaft, wie wir es nennen.

Also sagen sie vielleicht: „Okay, du kannst das Blutgeld zahlen, eine bestimmte Summe, und das genügt“. Vielleicht sind sie sogar noch weiter als das und wollen wirklich einfach nur vergeben und loslassen. Aber das Wichtigste ist, dass dies die Barriere sein soll, dass es danach nichts mehr gibt, dass es danach keine Vergeltung mehr gibt. Denn wenn du einmal Vergeltung übst, kannst du nicht mehr gerecht sein. Du musst Allah (swt) vertrauen, dass Allah gerecht sein wird.

Ein Kommentar

    • Nur

    • vor 4 Monaten

    Ganz herzlichen Dank für diese Übersetzung. Vieles war mir schon bewusst(er), aber diese Stelle hier am Ende des Textes hat mich sehr überrascht:
    Warum gibt es in der Scharia das Konzept „Auge um Auge, Zahn um Zahn“?
    Ich hatte dieses Konzept nie verstanden, aber jetzt verstehe ich wie wertvoll das ist und dass es eine “Grenze” in Wirklichkeit ist, die wie man sieht, heutzutage nicht beachtet wird von so Einigen und dadurch viel Unrecht geschieht. Danke für alles, was ich hier lernen darf! Möge Allah euch belohnen! Mein Ziel: insaAllah jeden Blogartikel lesen und zu allem ein Kommentar hinterlassen.

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